„Mobile Retter“ gut, Aufstockung im Rettungsdienst sinnvoller?

Bei einem Notfall zählt jede Sekunde. Symbolfoto: Pixabay / paologhedini
Bei einem Notfall zählt jede Sekunde. Symbolfoto: Pixabay / paologhedini
Der Landkreis möchte 1000 „Mobile Retter“ von „nebenan“ bis Juli gewinnen und im Notfall per App alarmieren. Das ist ehrgeizig und bemerkenswert. Sollte dazu aber nicht auch der hauptamtliche Rettungsdienst im Landkreis deutlich aufgestockt werden und Sanitäter vor Ort mehr Unterstützungen erhalten? Ein Kommentar.

Bei einem Herz-Kreislauf-Stillstand oder plötzlicher Bewusstlosigkeit zählt jede Sekunde. Das lernen schon Kinder in der Grundschule. Daher macht ein Projekt wie das der Mobilen Retter (wir berichteten) mit ehrenamtlichen Helfern aus der Nachbarschaft in jedem Fall Sinn. Dieses freiwillige System, welches ehrenamtliche Retter per Smartphone-App alarmieren soll, stellt natürlich nur eine Ergänzung zum professionellen Rettungsdienst dar.

In einigen Gemeinden wie in Wallenhorst gibt es seit Jahren erfolgreich das Projekt des „Sanitäters vor Ort“ vom DRK (in anderen Gemeinden auch als „First Responder“ bekannt). Sind diese dann überflüssig? „Der Mobile Retter stellt nun eine Ergänzung zum etablierten System dar, wobei dieser nur bei Herz-Kreislauf-Stillstand alarmiert wird“, sagt Bärbel Rosensträter, Leiterin des Fachdienstes Ordnung beim Landkreis Osnabrück. Auf der Internetseite der Mobilen Retter heißt es dazu: „Der Mobile Retter ist quasi ein First-Responder 2.0 – eine sinnvolle Erweiterung des First-Responder-Systems.“ Per App-Funktion soll die Person ermittelt werden, die sich in unmittelbarer Nähe befindet. Die Sanitäter vor Ort sind somit weiterhin gefordert, zumal die Mobilen Retter nur bei einem Herz-Kreislauf-Stillstand oder plötzlicher Bewusstlosigkeit alarmiert werden.

Gerade aus diesem Grund sollten die Verantwortlichen aber auch den aktuellen Bedarfsplan im hauptamtlichen Rettungsdienst überdenken und diesen deutlich stärken. Bei Notfällen in Wallenhorst kann viel Zeit verstreichen, bis professionelle Hilfe eintrifft. In der Regel werden Rettungswagen (RTW) und gegebenenfalls das Notarzt-Einsatz-Fahrzeug (NEF) aus Bramsche oder der Stadt Osnabrück nach Wallenhorst alarmiert. Seit einiger Zeit wird der Notarzt in Bramsche aber nicht mehr 24 Stunden am Tag zur Verfügung gestellt. Hierdurch können sich die Anfahrten deutlich verlängern und Notfallpatienten müssen länger auf professionelle Hilfe warten.

In der Verordnung über die Bemessung des Bedarfs an Einrichtungen des Rettungsdienstes (BedarfVO-RettD) vom 4. Januar 1993 des Landes Niedersachsen heißt es unter § 2: „Der Zeitraum zwischen dem Beginn der Einsatzentscheidung durch die zuständige Rettungsleitstelle bis zum Eintreffen des ersten Rettungsmittels am Einsatzort (Eintreffzeit) soll in 95 vom Hundert der in einem Jahr im Rettungsdienstbereich zu erwartenden Notfalleinsätze 15 Minuten nicht übersteigen.“ 15 Minuten bei 95 Prozent aller Einsätze? Das ist eine viel zu lange Wartezeit. In fünf Prozent aller Einsätze kann es zudem noch länger dauern. Hier ist die Landespolitik aufgerufen, die veraltete Verordnung aus dem Jahr 1993 zu überdenken und die Fristen zu verkürzen.

Genügend Fachpersonal und die entsprechend notwendige Finanzierung des Personals, der Fahrzeuge und der Rettungswachen sind somit dringend erforderlich, um den hauptamtlichen Rettungsdienst im Landkreis Osnabrück wieder deutlich zu stärken und zu verbessern. Daher soll dieser Kommentar auch ein Appell an die Verantwortlichen sein, beispielsweise das NEF Bramsche endlich wieder rund um die Uhr in Einsatzbereitschaft zu versetzen.

Die Einrichtungen von Sanitätern vor Ort beziehungsweise First Respondern sind absolut sinnvoll, sollten jedoch eine feste finanzielle Unterstützung erhalten. Derzeit werden diese ausschließlich über Spenden finanziert. Auch hier könnten Gemeinde, Landkreis und insbesondere Krankenkassen eine wichtige Unterstützung in finanzieller Form leisten.

Zusammen mit dem Projekt „Mobile Retter“ könnte die medizinische Versorgung bei Notfällen auf diese Weise deutlich optimiert werden: Der mobile Retter von nebenan als Ersthelfer innerhalb weniger Minuten, der Sanitäter vor Ort mit entsprechender Ausrüstung als weiterer Helfer und schließlich wenige Minuten später der hauptamtliche Rettungsdienst. Übrigens: In den meisten anderen Bundesländern liegt die Hilfsfrist des Rettungsdienstes unter 15 Minuten.

F. Ro., Symbolfoto: Pixabay / paologhedini